#18 Von wegen abgehängt: Innovationsmotor Mittelstand
Shownotes
Zu aufwendig und abgehoben für den Mittelstand? Der Einstieg in KI ist einfacher als häufig angenommen: von Plug-and-play-Lösungen über Warehousing und Logistik bis zu komplexeren Anwendungen – das alles könnte KMUs in der Aufholjagd im internationalen Wettbewerb voranbringen, sagt Jan-Frederik Kremer, Mitbegründer des AiF InnovatorsNet. Die digitale Plattform bringt Forschung und Mittelstand zusammen: offen, transparent und überregional liefert sie konkrete Use-Cases und Anknüpfungspunkte, um die KI-Dynamik auf die Straße zu bringen.
DigiDUS fragt nach.
Die großen Fragen dieser Folge:
- Warum muss KI nicht immer gleich der „große Wurf“ sein?
- Wie lassen sich Forschungsergebnisse für die Wirtschaft übersetzen?
- Wie gelingt der Technologie-Transfer ohne hohe Suchkosten?
- Was bindet Innovationsressourcen im Mittelstand?
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DigiDUS #18 Von wegen abgehängt: Innovationsmotor Mittelstand mit Jan-Frederik Kremer
O-Ton Sprecher: #(Hashtag) DigiDUS. Digitalisierungstrends und Herausforderungen im Mittelstand. Ein Podcast der Stadtsparkasse Düsseldorf.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Ja, seitdem Midjourney, ChatGPT und Co. in unserem täglichen Leben angekommen sind, habe ich das Gefühl, jemand hat die fast forward Taste gedrückt. Keine Woche vergeht, in der ich keine Liste mit hilfreichen Tools in meiner LinkedIn Timeline lese, und das ist ja nur die Spitze des Eisbergs. Es scheint, als würden derzeit auf nahezu jede Herausforderung im Unternehmensalltag zig, neue digitale Lösungen mit Ki entwickelt, und das ist natürlich großartig. Aber wie behält man da den Überblick, und welche Anwendung könnte für sie genau die richtige sein? Ich habe heute jemand zu mir eingeladen, der uns weiterhelfen kann, Jan-Frederik Kremer vom Forschungsnetzwerk Mittelstand AiF. Ja, Jan ist Geschäftsführer der AiF Forschung, Technik und Kommunikations GmbH und Co-Founder des AiF Innovaters Net, und ich bin sehr gespannt, wovon er uns berichten wird.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Jan-Frederik Kremer, zu Gast bei #(Hashtag) DigiDUS. Ich freue mich sehr schön Jan, dass du heute bei uns bist. Ich hatte mir überlegt, in der Vorbereitung dieses Podcasts, wenn wir dieser Folge eigentlich ein Label geben müssten, müsste es doch lauten: one hundred percent Mittelstand, oder was sagst du?
Jan-Frederik Kremer: Das passt sehr gut. Also erstmal vielen Dank, danke euch für die Einladung und danke auch dir. Das trifft es genau auf den Kopf, weil das Thema Mittelstand ist unser Thema.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Das ist euer Thema genau, und das ist ganz wunderbar. Dann lass uns doch direkt auch hier einsteigen und über den deutschen Mittelstand sprechen. So und jetzt darfst du direkt intervenieren. Es gibt ihn nicht, den deutschen Mittelstand. Der ist so breit und so bunt wie das Leben. Da darf ich dich einmal zitieren. Aber nichtsdestotrotz lass uns trotzdem mal tiefer einsteigen und schauen zum Thema Mittelstand und Innovation, wie da momentan aus eurer Sicht auch der Status quo ist. Wenn man sich aktuelle Studien ansieht, unter anderem auch vom BDI, dann sieht ja das Bild auf das Thema Innovation und Mittelstand immer so ein bisschen, ja ein bisschen mau aus. Ich glaube, so darf man das sagen, zumindest was die Innovationsfähigkeit betrifft. Da landet Deutschland sehr oft nur auf dem zehnten Platz, weit hinter Ländern wie Dänemark, Irland und Belgien, und beim Hervorbringen von neuen Schlüsseltechnologien wie künstliche Intelligenz sei Deutschland gar zurückgefallen. Daher jetzt mal deine Einordnung, haben wir hierzulande ein Innovationsproblem?
Jan-Frederik Kremer: Ja super Frage, die natürlich hoch relevant ist. Ja, Komma, aber würde ich sagen. Absolut, du hast das richtig dargestellt, in bestimmten Bereichen, das ist ja mittlerweile auch sozusagen common knowledge, haben wir in Deutschland gewisse Weise den Anschluss verpasst, was allerdings zum Teil auch ein bisschen zum Schmunzeln ist, weil viele sozusagen der grundlegenden Entwicklung ursprünglich mal aus Deutschland kam und wir sozusagen sie nicht hier umgesetzt haben, Stichwort Transfer. Allerdings muss man auch sagen: Das gehört ja auch zur entsprechenden Fairness dazu, dass wir unglaublich viele Innovationen haben und unglaublich viele auch Weiterentwicklungen, die konkret weiterhin aus Deutschland kommen, gerade auch aus dem Mittelstand. Das heißt so ganz das Bild, dass der Mittelstand nicht innovativ ist, kann und will ich jetzt hier nicht unterschreiben, denn erstmal sehen viele Mittelständler sich selber gar nicht als innovativ an, sind aber hochinnovativ. Ich war letzte Woche bei einem Unternehmen in der Nähe von Büren, Heggemann. Die machen Luft- und Raumfahrttechnik sowas von innovativ, sag’ ich dir. Also wie gesagt, von Triebwerkstechnik für Rolls-Royce bis hin zu Energieeffizienz, und selber sind die sich zwar bewusst, dass sie innovativ sind, aber nicht, dass sie global Speerspitze sind. Und da gibt es enorm viele von, noch, in Deutschland, von diesen Mittelständlern, die wirklich was können, was nur zwei, drei andere auf der Welt können, und das können sie halt wahnsinnig gut. Gesamtgesellschaftlich allerdings muss ich tatsächlich, da dem BDI wirklich zustimmen, haben wir eine riesengroße Herausforderung. Aktuell, weil wir auf der einen Seite den Anschluss an wesentliche Schlüsseltechnologien, das betrifft nicht nur KI, sondern auch die anderen Technologien, die immer durch die Presse gejagt werden, schon verpasst haben und uns ein sehr komplexes, bürokratisches und ineffizientes Innovationssystem leisten, was so manchen Mittelständler auch offen gesagt abschreckt, weil er einfach davor zurückschreckt und sozusagen zu Recht sagt, ich hab auch noch was anderes zu tun, als Formulare auszufüllen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Total verständlich, aber vielleicht kannst du das, das fand ich jetzt total spannend, auch mit dem Beispiel. Sag doch bitte auch noch mal oder mach doch mal deutlich, wie wichtig ist denn der Mittelstand? Also wenn es auch darum geht, um ein, du hast es angedeutet, aber wenn es um ein leistungsfähiges, wettbewerbsfähiges Innovationsökosystem geht, wie systemrelevant ist denn der Mittelstand?
Jan-Frederik Kremer: Ja, das ist eine super Frage. Man sagt ja immer, der Mittelstand ist systemrelevant. Wenn man sich allerdings mal anschaut, dass 99,5 Prozent der Unternehmen sind sogenannte kleine, mittlere oder mittelständische Unternehmen. Der Mittelstand, wenn ich auch die Familienunternehmen, die größeren mit reinbeziehe, hat den allergrößten Anteil an der Wertschöpfung an den Arbeitsplätzen, ist quasi fester Teil der innovativen Wertschöpfung. Also ohne den Mittelstand, um das mal ganz deutlich zu sagen, fliegt hier kein Airbus, fährt kein Auto, läuft kein Windrad, da muss man sagen: Der Mittelstand ist nicht um nur systemrelevant, sondern in unserem Fall ist der Mittelstand das System, Punkt. Und wenn es dem Mittelstand schlecht geht, geht es dem System schlecht, und dann haben wir langfristig nicht nur wirtschaftlich ein Problem, sondern auch, ich sag mal, in Bezug auf unsere Demokratie und Gesellschaft, weil der Mittelstand oftmals der Kit ist oder Treiber, der auch vieles zusammenhält und vieles nach vorne treibt, also von da an nicht nur systemrelevant, er ist das System und aus dem Innovationssystem nicht nur wegzudenken, sondern er ist ganz wichtiger integraler Bestandteil dessen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Umso wichtiger, dass wir heute darüber sprechen. Ich finde es toll, dass du das nochmal so herausgestellt hast. Hilf uns nochmal bei dem Thema, du hast ja gesagt, es gibt also einen Teil, der ist hochgradig innovativ, und es gibt eben einen Teil, der weiß es vielleicht nicht, beziehungsweise hat er eben noch Nachholbedarf. Kannst du uns mal ein bisschen was über diese, ich nenne es jetzt mal Lücken oder Digitalisierungslücken berichten? Also wie ist da denn der Status quo, und wo sind denn die Herausforderungen bei der digitalen Transformation?
Jan-Frederik Kremer: Ja, auch eine super Frage, und du hast es richtig gesagt: da ist natürlich auch das Bild durchaus divers und bunt. Das heißt, ich habe einen Teil der mittelständischen Unternehmen, wie gesagt, die sind im Thema Digitalisierung auch durchgängig, sei es Produktion, Logistik, et cetera sind die vorne mit dabei. Ich habe aber auch einen nicht kleinen Teil. Ich sage immer so flapsig, dass es fifty-fifty, ohne dass ich das jetzt wirklich in Zahlen belegen kann.
Jeannine Malcharek-Wirtz: In Zahlen belegen kann.
Jan-Frederik Kremer: Aber es ist sozusagen mein subjektives Bauchgefühl aus hunderten Unternehmenseindrücken. Die haben ein bisschen den Anschluss verloren, um das ganz offen zu sagen, und zwar entweder, weil sie nicht die Kraft, nicht die Ressourcen haben, oder auch nicht das Bewusstsein, das Mindset, dass es wichtig ist, und das betrifft produzierende Unternehmen, Dienstleistungsunternehmen, Unternehmen im B2C-Geschäft genauso wie im B2B-Geschäft, und um die 50 Prozent, die sozusagen oben schwimmen, müssen wir uns keine Sorgen machen. Die, die mir Sorgen machen, das sind die Unternehmen, die sozusagen zu den anderen 50 Prozent gehören, die aus den verschiedensten Gründen, wie gesagt entweder, weil sie es sich nicht erlauben können, nicht die Ressourcen haben, nicht die, das Bewusstsein haben, oder schlichtweg auch ja nicht mehr die Kraft haben, das Thema anzugehen. Um die müssen wir uns sorgen, denn das sind natürlich auch Unternehmen, wo wahnsinnig viele Arbeitsplätze dranhängen und Wertschöpfung dran hängt, und von da an ist das Bild ja durchaus ambivalent und es hilft auch wenig, das darf ich mal so offen sagen, wenn man immer mit so Wohlfallen Initiativen und Buzzword-Sachen kommt, von ihr, ihr müsst jetzt mal euch digitalisieren, ihr müsst mal KI einsetzen, weil natürlich im unternehmerischen Kontext auch immer die Frage ist, was bringt mir das? Wo ist der use case, wo liegt der Return, wie ist die Investition sozusagen auch zu begründen? Das ist dann doch ein bisschen komplexer, als man sich das manchmal vorstellt. Aber auf der anderen Seite müssen wir auch diesen Unternehmen den Mut machen, das Thema anzugehen, weil vielfach ist, das muss man ganz klar sagen, bei uns einfach der Faktor, der über einen Wettbewerbsvorteil mit entscheidet, denn wir wissen alle, dass wir in anderen Faktoren jetzt nicht so ganz gut dastehen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Finde ich total wichtig, und dann lass uns bitte nicht hier Buzzword-Bingo machen. Das wollen wir heute nicht tun. Aber weil du es gesagt hast, dann lass uns doch mal über die Schwachstellen sprechen, ist ja ganz spannend, du hast es ja jetzt auch angedeutet. Wo sind denn dann die Schwachstellen? Also im deutschen Innovationsökosystem. Also ist es mangelnde Vernetzung, mangelnder Transfer? Wie würdest du das einordnen, und wie wollt ihr auch von Seiten der AiF da weiterhelfen?
Jan-Frederik Kremer: Ja, das ist eine ganz super Frage. Ehrlich gesagt, da könnten wir ein eigenen Podcast zu machen. Ich versuche das mal in drei Punkten kurz zu machen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Ich lade dich wieder ein.
Jan-Frederik Kremer: Ja, auf jeden Fall. Also Punkt eins: Ich möchte mal aufhören mit der Mär, dass wir grundsätzlich zu wenig Geld ins Innovationssystem stecken, das kann ich so nicht unterschreiben. Wir stecken das Geld an die falschen Stellen und für falsche Initiativen, um das ganz deutlich mal jetzt zu sagen. Wir haben in Deutschland eine unfassbare Inbalance zwischen der, ich sag mal, unglaublich üppigen Ausstattung finanziell der Grundlagenforschung, und eine wahnsinnig schwache Ausstattung der sogenannten anwendungsorientierten Forschung. Das erlebt man jetzt über diese ganze Debatte DATI, die Deutsche Agentur für Transfer und Innovation. Aber Tatsache ist, dass wir uns da ein Verhältnis von eins zu zehn erlauben, und nichts gegen Grundlagenforschung, nicht dass das die ganzen Max-Planck-Institute jetzt die Schnappatmung kriegen, den will man nichts wegnehmen, aber Tatsache ist auch, ein Land, was sozusagen davon lebt, dass industrielle Wertschöpfung, Wertschöpfung über innovative Dienstleistungen passiert, muss einen starken Anwendungsfokus haben. Das heißt, wir können uns dauerhaft nicht erlauben, forschen um des forschen Willens. Das nächste Thema, du hast es ganz deutlich angetan, ist das Thema Transfer. Das ist auch so ein Thema, das begleitet mich jetzt beruflich seit 15 Jahren. Seit 15 Jahren höre ich in den verschiedensten Buzzword-Konstellationen, das muss besser werden. Meistens ist dann die Antwort einfach, mehr Geld in System zu kippen, was aber nichts bringt, wenn das das System an der Stelle nicht effizient ist. Also, Transfer hat so viele Facetten. Tatsache ist aber auch, ich bin immer mehr etwas desillusioniert. Transfer funktioniert seltenst gut auf Kommando, seltenst gut, indem ich zum Beispiel Hochschulen und Universitäten einfach mit Geld zuschütte, sondern Transfer funktioniert ja nicht in der Einbahnstraße, Transfer funktioniert multilateral, funktioniert in einem Austausch, und viele Unternehmen, auch Mittelständler, sind zum Teil fünf oder zehn Jahre weiter als Hochschulen und Universitäten, technologisch, in der Entwicklung et cetera. Das heißt: ein Ökosystem, wie die AiF es bietet, als Vertrauensökosystem, wo sich also Unternehmen, zum Teil Wettbewerber, auch treffen können, gemeinsam Innovationen besprechen können, Projekte besprechen können, dann mit Hochschulen zusammenarbeiten können, die aber auch herausfordern, die challengen, die grillen, so ein bisschen wie in der Höhle der Löwen: Sag mal, bringt das was? Und sozusagen nicht nur im Elfenbeinturm, sondern auf der Straße am Ende des Tages, also auf dem Markt, ist deshalb wahnsinnig wichtig, weil es so eine Art Dauer-Realitätscheck ist, und so eine Art Dauer, sag ich mal, Checks and Balance und korrektiv, dass Innovation nachher nicht nur sozusagen in Ideen existieren, sondern auch auf die Straße kommen, zum Beispiel in verwertbare Produkte. Das heißt, das ist genau unsere Aufgabe durch Arbeit, die sehr mittelständig Hands-On ist, und deshalb haben wir auch so ein bisschen manchmal ein Imageproblem, weil wir nicht so bekannt sind wie Frauenhofer, Max-Planck. Tatsache ist aber, jedes Jahr beteiligen sich an diesem System, beispielsweise der industriellen Gemeinschaftsforschung, 25000 Unternehmen, 25000 so viel, wie in keinem anderen Programm, und die beteiligen sich ja nicht daran, weil sie Langeweile haben oder weil sie sozusagen jetzt auf Kaffee und Plätzchen hoffen, sondern weil sie offensichtlich einen wirtschaftlichen Vorteil dadurch haben wollen. Und das haben wir jetzt auch als, ich sag mal, unsere Aufgabe gesehen. Wir müssen da auch aktiver werden. Deshalb haben wir zum Beispiel das InnovatorsNet gegründet, um mehr Sichtbarkeit zu haben, um niederschwelliger, digitaler, einfacher, intuitiver auch die Vernetzung zu ermöglichen, Zugänge zu ermöglichen in diesem neutralen Vertrauensökosystem, also frei von irgendwelchen Vertriebsinteressen, orientiert an den Bedürfnissen und Bedarfe der Unternehmen, an konkreten reellen Problemen, um zum Beispiel auch den Branchen übergreifenden und Transfer zu ermöglichen. Denn vielfach, und das ist auch in Deutschland, wird viel zu wenig noch praktiziert, gibt es schon sehr gute Lösungen in einer anderen Branche, in einem anderen Technologiefeld und man forscht doppelt und dreifach, weil man einfach davon nichts weiß. Und das ist dann die große Aufgabe von uns, mit solchen Initiativen, wie dem InnovatorsNet, wie dem Scouting, was wir machen, entsprechend den Unternehmen dabei auch zu helfen, in einem neutralen Rahmen nicht doppelt und dreifach zu forschen und überhaupt Zeit, Geld und Nerven zu sparen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Das passt jetzt total gut. Dann lass uns doch auch mal einfach einen Netzwerkpartner von euch zu Wort kommen. Wir haben nämlich mit Simon Graupe gesprochen, der ist ja Co-Founder und CEO von PatentPlus, und mit seiner Plattform will er genau das schaffen, wovon du auch gerade gesprochen hast, ja also Technologien, Vernetzungsmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Wir hören mal, was er gesagt hat.
Simon Graupe: Forschungseinrichtungen investieren jährlich Milliarden in die Erforschung und Entwicklung neue Technologien. Aber nur ein Bruchteil dieser Technologien wird tatsächlich genutzt und gelangt, wenn überhaupt, nur sehr langsam zur Anwendung in der Industrie vor allem bei KMUs. Da es keine One-Stop-Shop-Lösung gibt, die alle verfügbaren Technologien und relevanten FoD-Partner auflistet, haben Unternehmen nämlich oft Schwierigkeiten, die relevantesten Transfermöglichkeiten für ihre konkreten und F und E Bedürfnisse zu ermitteln und zu qualifizieren. Und um genau dieses Problem zu lösen, bauen wir in PatentPlus eine globale Technologietransferplattform, über die wir KI-gestützt jede Forschungs- und Entwicklungsherausforderung, beispielsweise die Herausforderung einen effizienteren Batteriespeicher zu entwickeln. Diese Herausforderung matchen wir mit allen verfügbaren Technologien, Forschenden und Spin-Offs von über 1000 Universitäten und Forschungsinstitute weltweit, und hierdurch helfen wir Unternehmen, ohne hohe Suchkosten ihre eigene Produktentwicklung zu beschleunigen und schneller zu innovieren, und gemeinsam mit der AiF wollen wir die Vorteile erfolgreicher Technologietransfers mittelständischen Unternehmen zugänglich machen und zu einer nachhaltigen Stärkung der Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit des Mittelstands beitragen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Wenn wir das jetzt nochmal aufnehmen, was Simon gesagt hat, bitte stell noch mal heraus, wie wichtig es ist, dass mittelständische Unternehmen voneinander lernen, und wie kann dieser Austausch gefördert werden. Gib uns doch da auch einfach nochmal ein paar Beispiele.
Jan-Frederik Kremer: Ja, gerne, also erst mal, das, was der Simon mit seiner Truppe der Macht, mit PatentPlus, ist wirklich genial. Deshalb kooperieren wir auch mit denen. Das ist auch genau so ein gutes Beispiel für Kooperationen. Man muss nicht immer alles selber erfinden, man muss auch nicht immer alles neu erfinden, sondern wenn es gute Sachen gibt, die gut funktionieren, sich inspirieren lassen, Formate zu schaffen, wo man sich austauschen kann und dann zu schauen: wo kann ich auch gemeinsam synergetisch in der Wertschöpfung gehen? Das ist ja genau dieses Beispiel. Deshalb werden wir gemeinsam auch mit den Jungs quasi dazu auch für den Mittelstand eine Lösung anbieten. Aber jetzt noch mal konkreter zu werden, wir müssen, die Kunst meines Erachtens liegt daran - es bringt auch nicht nur, einfach Austausch zu machen. Konkretes Beispiel, ich nenne jetzt hier keinen Namen. Ich habe mal von so einem Mittelstandszentrum mitbekommen des BMW Cars, dann laden die Unternehmer Mittelständische ein zum Leonardischen Eid im Maschinenbau. Also Sorry, dann wundern die sich, dass da kein Mensch kommt, weil, sag ich mal, jeder Mittelständler, jede Mittelständlerin sich fragt, was hat das jetzt mit meinem Business zu tun? Dieser Austausch muss konkret sein, muss lösungsorientiert sein und muss sich insbesondere an den Bedarfen orientieren. Da haben wir zum Beispiel ein Format, das nennt sich Plattform of New Technologies and Services. Da stellen wir neue Technologien, neue Lösungen vor, und zwar konkret in Use-Cases, konkret sozusagen auch in, wieman so schön sagt, buzzwordig Business-Cases, also was hat es gebracht? Und nicht von irgendwelchen Beratern oder Beraterinnen, sondern von den echten Unternehmerinnen und Unternehmern, auch offen und authentisch. Wo waren die Probleme? Was hat nicht funktioniert, was sind auch sozusagen versunkene Kosten und diese ganzen Sachen? Zweitens ist das Thema Transparenz: vielfach stellt man auch fest, gibt es diverse Studien, sind Innovationsökosysteme sehr, sehr regional verwurzelt, was nicht schlecht ist. Aber überregional gibt es auch enorm gute Lösungen, und jetzt meine ich nicht nur europaweit, sondern allein schon innerhalb von Deutschland, und auch da bieten wir verschiedene Formate an, um zu unterstützen. Das ein weiterer ganz wichtiger Punkt. Ja, und last but not least ist es so ein bisschen, ist man wie in der Aufgabe eines Dauerübersetzers, sag ich jetzt mal, diese Welten auch zwischen Wissenschaft und Forschung mit der Mittelständischen zusammenzubringen. Das fängt an beim Wording, das fängt dabei an, dass für manche Forscherinnen und Forscher es wahnsinnig schockierend ist, dass ein Mittelständler oder eine Mittelständlerin keine Lust und Zeit hat, 120-seitigen Projektbericht zu lesen und sich irgendwelche, ich sag mal, Ergebnisse raus zuklauben. Und auch da arbeiten wir mit KI-Lösungen, mit Partnern zusammen, wie wir das Runter kochen, wie man das sich quasi ausgeben lassen kann als kurze Snippets als Podcasts oder einfach als kurzen One-Pager zu den wirtschaftlichen Vorteilen, damit ich als Mittelständlerin und Mittelständler überhaupt mal die Chance habe, das wirklich auch bewerten zu können und eine Bewertung abgeben zu können für mein Geschäft und für meine Geschäftsentwicklung. Also kurzum, dass es sozusagen Vertrauensökosysteme neu definiert. Wir werden deshalb jetzt auch im Oktober mit diesem Scouting- Modul an den Start gehen. Aber ich kann nur sagen, die besten Ergebnisse kommen immer, wenn diese, ich sage mal Peer Gruppe sich untereinander austauscht und das Vertrauen zueinander findet, offen miteinander über Probleme und Herausforderung zu reden. Das ist manchmal offen gesagt, zehnmal effizienter, als langfristige Forschungsprojekte, weil da eine unfassbare kreative Energie entsteht und man feststellt, auch selbst zwischen kleinen und großen Unternehmen. Das ist ja auch wichtig, dass man oftmals dieselben Herausforderungen hat und vielleicht schon der eine oder andere aus einer anderen Branche in einem anderen Technologiefeld eine gute Lösung hat, die es verdient, 40-Mal anzuschauen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Absolut! Man merkt gerade erstmal, wie was das für ein Herzensthema für dich ist, aber auch, wie niederschwellig ihr unterwegs seid, um wirklich diesen Zugang zu Technologien, neuen Technologien oder den Einsatz zu schaffen. Dann lass uns doch gerade da nochmal drauf eingehen, wenn es um dieses Thema KI, Integration in Geschäftsmodelle etc. Da ist ja so oft immer diese Frage, wo starte ich eigentlich, wie starte ich eigentlich? Was ist das denn für eine Frage? Ist das eine strategische? Ist es eine technische Frage? Was aus deiner Sicht, wie können Mittelständler neue Technologien wie KI am besten in ihr Geschäftsmodell integrieren?
Jan-Frederik Kremer: Also, es ist natürlich primär eine strategische Frage, weil es eine Frage ist der ich sage mal, Geschäftsfeldentwicklung, und weniger sozusagen, ob jetzt bestimmte Parameter erfüllt sind. Auch da ist ja viel sozusagen Buzzword-Bingo unterwegs, aber ganz konkret zu machen. Es muss natürlich erst mal auch ein Bezug haben zu dem, was ich aktuell mache. Das heißt, bei allem disruptiven Potenzial baut es ja auf auf das Fundament gerade bei Mittelständlern, was dafür sorgt, dass erst mal Geld verdient wird, also das Umsätze entstehen. Und da muss man auch dazu fairerweise sagen, viele Mittelständer setzen auch schon KI in Anführungszeichen ein, also clevere Algorithmen, Mustererkennung im Kontext von Sensorik, der Produktionsplanung, Logistik auch in Vertriebsprozessen, ohne dass sie es an die große Glocke hängen. Und auch da hilft wieder, es einfach mal konkret zu zeigen, konkret zu machen, was sind die Effekte, was ist dabei rausgekommen, was sind Anwendungsfälle? Konkretes Beispiel: wenn ich einen sozusagen oder zwei große OEMs als Referenzkunden habe, dann wird mir KI im Sellsprozess, in diesem Geschäft nicht weiterhelfen, aber KI wird mir weiterhelfen in meinem Warehousing, bei meine Logistik, im Produktionsprozess, in der Qualitätssicherung, in der beispielsweise Mustererkennung von Ausschuss, also sind Teile beispielsweise fehlerhaft, was ich als Mensch gar nicht erkennen kann, wo einfach durch eine gute Muster- und Bilderkennung gearbeitet wird, und das sind so Beispiele, wo man sieht, dass KI erstens schon im Einsatz ist und zweitens auch wirklich weiterhilft. Der dritte Mythos ist, durch diese Überhöhung im deutschen, den wir mit dem Begriff künstliche Intelligenz haben, haben viele Mittelständler auch eine Schwelle, weil sie weiß wunders was denken. Vieles von dem, was wir als Ki bezeichnen, ich spreche jetzt mal nicht von ChatGPT und co. als generative KI, sondern wirklich, sage ich mal, Algorithmen getriebene Anwendung und Applikationen sind ja weit von neuronalen Netzen und generativer KI entfernt, aber trotzdem hilfreich und ich glaube es hilft manchmal auch, bei dem Thema etwas abzurüsten und sozusagen es wieder auf die Lebenswirklichkeit runterzukochen und zu zeigen. Es kann auch der kleine Anwendungsfall sein, des Plug and Play Sensors , den ich in meinem alten Maschinenpark mache, der über einen guten Algorithmus, also in Anführungszeichen KI in der Lage ist, Abweichungen im Produktionsprozess, in den Schwingungen zu erkennen und damit sozusagen das Thema Predictive Maintenance anzugehen, also dass ich die Maschinen länger laufen lassen kann und gezielter sozusagen in den Reparaturzyklus kommen kann. Ja klar, und dann gibt es natürlich Anwendungsfälle, wie du ja auch schon bisschen skizziert hast, sozusagen wo ich wirklich im Deep-Learning Bereich bin, wo man wirklich auch merkt, auch da passiert viel, und nicht nur, und das macht mir wieder Mut im Bereich jetzt zum Beispiel ChatGPT, sondern erst gestern war ein Startup bei mir. Das kam auch aus der Kölner Gegend. Die beschäftigen sich mit der Vorhersage durch ein neuronales Netzwerk von Flutereignissen, und zwar in Echtzeit, Stichwort Überschwemmung vor zwei Jahren im Ahrteil, weil wir das Problem hatten, dass Einsatzkräfte und wir nicht in der Lage sind, das quasi wirklich in Echtzeit vorherzusagen, sondern immer ne große Zeitverzögerung von mehreren Stunden haben, und das zeigt, wie tief KI sozusagen auch in die Geschäftsmodelle integriert ist. Aber konkret verbunden ist mit einer konkreten Lösungskompetenz, die sehr sehr typisch im positivem Sinne wieder deutsch ist, ist eine Ausgründung oder ein Projekt, aus der RWTH Aachen. Das wird keine 17 Milliarden Umsatz machen, aber es wird die werden Hunderte Arbeitsplätze vielleicht schaffen, haben ihre marktnische gefunden und werden sozusagen KI nutzen, um ein konkretes Problem, in dem Fall Zivilschutz, zu beheben, was vielleicht auch Menschenleben retten kann.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Total Spannend! Gerade die vielen Beispiele, die du jetzt skizziert hast. Es zeigt auch noch mal diese Range ja, über die wir sprechen, von künstlicher Intelligenz. Von daher, wir haben auch da nochmal nachgefragt bei einem, einem Netzwerkpartner von euch, und zwar bei Doktor. Jetzt gebe ich mir ganz viel Mühe, auch mit dem Namen. Ich hoffe, er verzeiht es mir, wenn ich es nicht ganz so richtig ausspreche, Doktor Narendiran Sivanesan er ist nämlich Geschäftsführer von tulanã und auch dieses Unternehmen, integriert KI in die Produktionsplanung und ist auch Teil eures Netzwerkes. Und wir haben mal gefragt, wie er das macht.
Dr. Narendiran Sivanesan: In kaum einem Bereich werden täglich so viele Fortschritte gemacht, wie in der künstlichen Intelligenz. Trotz dessen ist der Weg von der Forschung in die industrielle Anwendung dieser Technologien sehr lang, und im Besonderen gilt das für die Anwendung von KI im Mittelstand. Durch seine vielen Informationsangebote, wie zum Beispiel durch die Reihe KI-Insights und diversen Webinaren und Austauschformaten zu Fördermöglichkeiten rund um das Thema KI versucht der AiF diese Lücke zu schließen und leistet damit einen großen Beitrag zur Digitalisierung des Mittelstandes.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Wir haben jetzt gerade ganz viele Beispiele auch über künstliche Intelligenz gehört in der Anwendung. Lass uns nochmal kurzen einen Blick darauf werfen, das ist auch immer wieder die Frage: Ja, was brauche ich denn für Kompetenzen, was brauche ich denn für Ressourcen, vor allem bei mittelständischen Unternehmen, die gerne künstliche Intelligenz implementieren wollen? Kannst du das nochmal zusammenfassen für uns?
Jan-Frederik Kremer: Ja, gerne. Also, was brauche ich für Ressourcen? Klar, ich brauche erst mal natürlich die operativen oder auch strategischen Ressourcen, um das Thema angehen zu können. Das heißt, blöd gesagt: Ich brauche auch auf Managementebene und auch auf Ebene des Business Development ein Bewusstsein dafür und dann natürlich entsprechende personelle Ressourcen, um es auch einplanen und bewerten zu können, und je nachdem, welche Lösung ich einsetzte, brauche ich natürlich am Ende des Tages auch Geld, das ist klar, das ist aber unterschiedlich und lässt sich jetzt auch pauschal nicht sagen, also KI muss nicht immer teuer sein, weil ich habe gerade Beispiele gebracht, diese Plug-and-Play Sensorik das ist ein Service, ist ein Service Modell, das, da redet man über wenige Euro im Monat. Also das ist jetzt, da entstehen ja auch neue Geschäftsmodelle, die meistens sozusagen Service-as-a-Service anbieten, also von da an zumindestens die finanzielle Hürde kann man nur ein bisschen heute nehmen, weil es unglaublich viele gute, auch gerade für Mittelständische Anwendungen gibt im KI. Sei es wie gesagt in der Produktionsplanung, sei es im Bereich Logistik, aber sei es auch im Bereich Vertrieb, Kommunikation, die sozusagen as a Service Modelle funktionieren und auch die Innovation, die erste Innovation, relativ gering halten. Also, da möchte ich ein bisschen Mut machen, und dann wie gesagt kann ich auch nur dazu raten, wenn man sich damit beschäftigt, geht nicht davon aus, das macht ja auch kein Vernünftiger, es geht also nicht um KI um der KI willen, also sozusagen wir führen jetzt KI ein, weil wir jetzt irgendwas mit künstlicher Intelligenz in Anführungsstrichen machen wollen, sondern was ist euer konkreter Problemfall, was ist die Herausforderung, die ihr lösen wollt? Wo sind auch Effizienzvorteile? Und das sich natürlich vorher auch ganz genau anzuschauen, weil da ist ja nachher die Musik drin und auch die Akzeptanz. Stichwort Akzeptanz: auch das lässt sich immer schwer sagen.Es gibt immer jemanden, der sagt, ja, man muss natürlich, natürlich muss man die Belegschaft mitnehmen, klare Kiste, die Kolleginnen und Kollegen. Aber es gibt auch ganz viele KI Anwendung, die im Hintergrund laufen, die sozusagen, wenn ich Kontakt haben, wenn ich Touchpoints sozusagen mit den Mitarbeitenden und auch da muss man immer ein bisschen abschichten, worüber spreche ich jetzt. Habe ich ein Vertriebsprojekt? Ja, das hat natürlich massive Einflüsse. Bin ich im Bereich Predictive Maintainance dann oder Sensorik mitten in einer Maschine, dann wird sich der Arbeitsalltag für die Kolleginnen und Kollegen kaum wesentlich ändern, außer dass die Intervall Zyklen vielleicht anders werden oder die Reparatur Zyklen anders werden. Also auch da möchte ich noch mal eine Lanze für brechen, zu differenzieren KI ist nicht gleich KI, die Anwendung ist nicht gleich KI, und viele der Lösungen sind heute so Schnittstellen offen, dass sie mit den entsprechenden ERP System kommunizieren, dass sie angeben können, sei es SAP oder was es auch immer gibt, dass man sich auch weniger Gedanken darüber machen können, ob sie überhaupt noch interoperabel sind. Klar, wir haben Branchen wie dem Automobil oder Luftfahrt Bereich, wo es sehr enge Rahmenbedingungen gibt, zum Einsatz, die natürlich durch die, ich sag mal, OEMs vorgegeben sind. Aber auch da gibt es ja mittlerweile vielfältige Lösungen, weil die guten Anbieter das ja mitdenken. Also, wer eine KI-Lösung anbietet für den Produktionsplanungsprozess beispielsweise oder Logistikprozess, denkt natürlich diese Rahmenbedingung auch konsequenterweise mit.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Das, was ich ganz wichtig finde, und das ist noch mal eine, jetzt auch meine letzten Fragen an dich, weil es unsere Zeit, vergeht ja immer so schnell, aber gerade, wenn man dir jetzt zugehört hat, habe ich, oder stelle ich mir die Frage: ist das auch oft noch eine Mindset-Frage? Also, wenn wir jetzt darüber sprechen, also weil, dann kommt immer dieses Bild von, und das ist jetzt tatsächlich auch wieder ein bisschen Buzzword Bingo, aber nichtsdestotrotz, auf der einen Seite ist es der tradierte Mittelstand, und auf der anderen Seite sprechen wir dann aber über die Agilität von Start-ups. Hilft uns mal, wo ist denn hier dieses Mindset Problem?
Jan-Frederik Kremer: Ja, also definitiv gibt's natürlich auch einen Teil ein Mindset Problem, klare Kiste und auch da sozusagen gibt es richtig gute Initiativen und wo verschiedene Akteure, auch wir unterwegs sind, um sozusagen diese, ich sag mal, dieses Mindset wechselseitig zusammenzubringen. Also klar, auch du hast natürlich auch bestimmte, eher sehr konservativ aufgestellt Unternehmen und auch zum Teil Branchen immer noch, die sich schwerer damit tun, mit der Adaption von neuer Technologie als andere. Also das ist definitiv ein Problem, und das ist natürlich weiterhin eine Aufgabe, auch durch konkrete, wirklich auch ehrliche, authentische, also keine Jubel Geschichten, keine Paraden, sondern authentische, ich sag mal Showcases, durch authentische Beispiele und eine harte Arbeit, dafür zu sorgen, dass auch dieser Mindset sozusagen ich will nicht sagen gebrochen wird, aber sich ändert. Aber man merkt natürlich auch dadurch, dass sozusagen die gesamte Welt sich geändert hat, der Druck so groß ist. Das wird immer weniger. Also ne komplette Verweigerungshaltung erkenne ich selten. Meistens sind das viel banalere Gründe, um das mal ganz offen zu sagen, keine Zeit und kein Geld. Beispielsweise mal ein konkretes Beispiel: Ich war, ein anderes Unternehmen, da nenne ich den Namen jetzt nicht, die sind eine Schweißerei, der sagt: Ja, wir würden uns auch gerne stärker mit solchen Lösungen beschäftigen. Aktuell dürfen wir uns allerdings erstmal mit so schönen Themen beschäftigen, wie Hinweisgeberschutzgesetz, Lieferkettengesetz, EG-Kriterien, wo wir in Deutschland ja überall noch einen draufsatteln. Wir sind ja dann meistens in der Tendenz zu sagen, wir nehmen das europäische Recht und machen es dann noch mal komplizierter. Was ich damit nur sagen will, dann bleibt irgendwann auch keine Zeit mehr für Mittelständler mit 200 Leuten. Der hat ja nicht wie Siemens 800 Leute rumsitzen, die diese Themen bearbeiten, sondern der muss das irgendwie aus dem normalen, laufenden Betrieb ermöglichen, mit den wenigen Leuten, die er hat, beispielsweise, und von daher will ich da ein bisschen sozusagen auch ein Land zu brechen für den Mittelstand. Das ist nicht immer eine Frage des Wollens und Willens. Man muss dem Mitelstand auch die Luft zum Atmen geben, solche Themen auch anzugehen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Absolut.
Jan-Frederik Kremer: Wenn wir uns in unserer Gesellschaft mehr dafür entscheiden, dass unsere Unternehmen sich mehr mit Dokumentation und Zettel ausfüllen beschäftigen sollen als mit Innovation, dann darf man sich auch nicht wundern. Das hat ja der BDI auch zu Recht kritisiert, dass der Innovationsindikator immer runtergeht, weil Innovation braucht Zeit, und diese Zeit muss man halt vielleicht auch den Unternehmen zugestehen.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Absolut. Jetzt bin ich schon am Ende meines Gesprächs mit dir, und wir sehen, wir müssen wieder sprechen, das hilft nichts, wir müssen weiter im Gespräch bleiben. Ich lade immer sehr gerne meine Gäste ein, am Ende unseres Podcast eine kleine Prognose abzugeben, wenn sie möchten. Deshalb auch meine Frage an dich, wie sieht für dich die Zukunft des Mittelstands in Deutschland aus? Wie würde deine Prognose ausfallen oder machen, wir es anders. Wünsch dir was. Was würdest du dir auch wünschen?
Jan-Frederik Kremer: Ja, wie sieht es aus? Ich bin immer ein bisschen hin- und hergerissenzwischen Optimismus und Pessimismus. Also grundsätzlich, das schöne ist, wir haben ein sehr sehr gutes Fundament bei uns und haben sozusagen viel da. Und wenn es uns gelingt, und das würde ich mir wünschen, so ein bisschen den Mehltau der Behäbigkeit und manchmal auch Überheblichkeit und vor allen Dingen auch der komplexen, ich sage mal, über deutschen Komplexität und Überregulierung loszuwerden, und ich hab das Gefühl, dass so langsam auch einige aufwachen. Dann haben wir alle Grundlagen dafür, sozusagen die Herausforderungen der Zukunft auch proaktiv anzugehen. Weil wir haben trotz aller Kritik ein sehr gutes und hervorragendes Innovationssystem. Wir haben gute mittelständische Unternehmen, hervorragende Hochschulen, außeruniversitäre Einrichtungen, Netzwerke. Aber wenn ich mir wünschen dürfte, ist nicht mehr den Kopf in den Sand stecken und sozusagen sich von Buzzword Bingo leiten zu lassen, dass alles hervorragend ist. Nein, wir müssen auch was da zu tun und zu tun heißt halt auch, erst mal anzuerkennen, dass der Mittelstand als System andere Herausforderungen hat als die großen Siemenses Co.oder Intel, die 7 Milliarden Euro kriegen für eine Chipfabrik, was so Mittelständler auch zurecht zum Nachdenken anregt. Also ich will nur sagen, bewegt euch in Lebenswirklichkeit, und ich würde mir wünschen, dass der Mittelstand auch politisch die Aufmerksamkeit nicht nur in Sonntagsreden bekommt, sondern auch in konkrete Handlungen, die er verdient. Ich sage es mal ganz offen, die 15 Milliarden, die wir da jetzt in der Nähe von Dresden verbuddeln, was ungefähr ein bis 2 Millionen pro Arbeitsplatz sind, witzigerweise. Da will ich mir gar nicht anstellen zu fragen, was hätte man an Initiativen im Mittelstand, im MINT, in der Bildung machen können, also auch volkswirtschaftlich frage ich mich manchmal, ob wir da die richtigen Prioritäten setzen, und da wünsche ich mir manchmal etwas eine Kurskorrektur.
Jeannine Malcharek-Wirtz: Das kann ich gut nachvollziehen, und ich wünsche mir tatsächlich erst mal vielen Dank an dieser Stelle an dich für dieses tolle, wirklich tolle Gespräch. Ich wünsche mir tatsächlich, dass ganz viele Mittelständer diesen Podcast hören und direkt zum Hörer greifen und sich bei dir melden und schauen, wie die AiF ihnen weiterhelfen kann. Ja, Entwicklungszyklen in der digitalisierten Welt sind extrem kurz und KI wird diese Dynamik noch beschleunigen. Wer da den Überblick und den Anschluss behalten möchte, muss das nicht allein aus eigener Kraft bewältigen. Organisationen wie die AiF sind ein hilfreicher Anlaufpunkt für Unternehmen, die ganz gezielt von den Innovationen der Forschungslandschaft und Förderprogrammen profitieren wollen. Was es dafür braucht: Offenheit und Neugierde. Wie sieht es in ihrem Unternehmen aus, und sind sie bereit für den nächsten Schritt? Berichten Sie uns über ihre Erfahrung. Wir sind sehr gespannt. Ja, alle bisherigen Podcast Folgen finden sie übrigens online auf der Website der Stadtsparkasse Düsseldorf zum Nachhören unter www.sskduesseldorf.de/Podcast und weitere Infos und Tipps zum Thema Digitalisierung im Mittelstand finden sie wie immer in unserem Firmenkunden Portal unter www.sskduesseldorf.de . Wir freuen uns, wenn sie auch bei der nächsten Folge wieder zuhören.
O-Ton Sprecher: # (Hashtag) DigiDUS. Digitalisierungstrends und Herausforderungen im Mittelstand. Ein Podcast der Stadtsparkasse Düsseldorf.
Franziska Fahrrad
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