#21 Data Analytics: Wie daraus unser täglich Brot wird – mit Prof. Dr. Tobias Schlüter und Dr. Johannes Gerlach

Shownotes

Mit unseren beiden Gästen Prof. Dr. Tobias Schlüter und Dr. Johannes Gerlach beantworten wir folgende Fragen:

Eignet sich Data Analytics auch für kleine und mittlere Unternehmen? Wie steigt man am besten ein? Warum ist Datenanalyse auch für die Stadtsparkasse so wichtig? Ausgerechnet jetzt besonders hilfreich – hören Sie rein!

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Digidus 21_Datenanalytics_zur Abnahme_240130.mp3

Intro: #DigiDUS Digitalisierungstrends und Herausforderungen im Mittelstand. Ein Podcast der Stadtsparkasse Düsseldorf. #00:00:09-6#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Ja, kennen Sie auch diese Situation? Ich war neulich beim Bäcker und da hat mir die Kundin vor mir doch glatt die letzten meiner Lieblingsbrötchen weggeschnappt. Pech oder Zufall? Als ich am nächsten Tag wieder dort war, erzählte mir die Verkäuferin, dass am Vortag durch den Bahnstreik viel mehr Kundinnen und Kunden im Homeoffice geblieben waren und sie gut drei Bleche Brötchen mehr hätte verkaufen können. Manchmal allerdings schickt sie natürlich auch abends jede Menge Brötchen und Brot als Retoure aus ihrer Filiale zurück. Beides ließe sich also vermeiden, wenn der Filialbetrieb besser vorausplanen könnte, wie hoch der Bedarf jeweils in unterschiedlichen Situationen ist. Und hier sind wir auch schon beim Thema unserer heutigen Folge, nämlich Datenanalyse oder Data Analytics. Die kann nämlich noch viel mehr, als nur trockene Brötchen vermeiden. Vor allem kleinen und mittelständischen Unternehmen bietet sie enorme Chancen und auch wir, die Stadtsparkasse Düsseldorf, können mithilfe von Data Analytics viel für unsere Kunden verbessern. Ich bin ihr #DigiDUS Host Jeannine Malcharek-Wirtz und ich freue mich sehr, dass Sie dabei sind. #00:01:14-0#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Herzlich willkommen zu einer neuen Folge von #DigiDUS . Ich freue mich wirklich sehr, dass ich heute mit Prof. Dr. Tobias Schlüter und meinem Kollegen Dr. Johannes Gerlach, der ebenso zugeschaltet ist, über Data Analytics sprechen darf. Ein wirklich sehr spannendes Thema. Erstmal hallo an euch beide und wie schön, dass ihr heute Morgen dabei seid! #00:01:35-3#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Einen schönen guten Morgen! #00:01:36-5#

Dr. Johannes Gerlach: Hallo Jeannine und danke für die Einladung. #00:01:38-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Hallo, ich hatte mir was überlegt. Ich bin ganz ehrlich, ich habe eine kleine Überraschung für euch beide. Ich hoffe, ihr mögt Überraschung am frühen Morgen. Die Gesichter sind noch so ein bisschen mhm. Nein, ich hatte mir gedacht, wenn ich schon das große Glück habe, dass ich mit zwei absoluten Zahlenexperten, Zahlenkennern, heute sprechen darf, dann würde ich so gerne meine Podcastfolge einmal mit einer kleinen Rechenaufgabe starten. Es ist immer noch nicht wirklich überzeugend. Ich muss es noch besser verkaufen, sehe ich gerade. Ich möchte euch dazu sagen, diese Rechenaufgabe wird für euch ein leichtes sein und ich habe sie mir auch gar nicht ausgedacht, sondern ich habe sie aus einer Studie entnommen, nämlich einer Studie, damit ich das jetzt auch wirklich genau sagen. Das ist eine Studie gewesen, wo es um Data Mining basierte Absatzprognosen geht. Ich bin so, ich helfe euch gerne, ich helfe euch gerne, solltet ihr Hilfe benötigen. Ich starte mal und wir gucken mal, was uns diese Rechenaufgabe heute Morgen bietet. Also an euch beide, wenn eine Filialbäckerei den Anteil ihrer Retouren von, jetzt kommen die Zahlen: 19,1 %auf 15,2 % senken kann, bei einem durchschnittlichen Umsatz von 400.000 € pro Jahr, pro Filiale, wie hoch sind die Ersparnisse an Umsatzwert pro Filiale? Rechnet ihr schon? #00:03:05-6#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Der Johannes tippt auf jeden Fall schon. #00:03:07-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Der Johannes tippt, sehr schön! #00:03:09-2#

Dr. Johannes Gerlach: Ich habe die Zahlen mitgeschrieben. Was war das 19,1? #00:03:11-0#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Also, wir hatten 19, also Retouren, sie wurden gesenkt von 19,1% auf 15,2% und der jährliche Umsatz beträgt circa 400.000 €, macht eine Ersparnis von? #00:03:24-5#

Dr. Johannes Gerlach: Irgendwas um die 15.016, um den Dreh herum. #00:03:29-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Sehr gut! #00:03:30-4#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Ja, ich hätte jetzt managerial gesagt, 20.000 € Pi mal Daumen. #00:03:34-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Sehr gut, sehr gut! Das nehme ich, das habt ihr wunderbar gemacht. Genau richtig, seht ihr. Ich habe ja gesagt, für euch ist das ein leichtes. Jetzt einmal ganz unabhängig davon und wenn wir jetzt mal überlegen, der hat vielleicht 25 Filialen, dann ist das schon eine stattliche Summe. Also mal abgesehen von diesem kleinen Rechenbeispiel für dich Tobias wird das ja nicht überraschend sei, dass da solche Zahlen oder solche Summen bei Herauskommen, denke ich. Denn du beschäftigst dich tagtäglich mit Analysen und mit Daten und das machst du so vielfältig, dass ich persönlich gar nicht weiß, wo ich ansetzen soll. Vielleicht könntest du mal so nett sein und uns ein bisschen erzählen, warum kennst du dich so gut mit Zahlen und Zahlenauswertungen aus? #00:04:16-1#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Es war jetzt nicht abgesprochen, aber du hast gerade schon ins Schwarze getroffen. Weil genau den Case hatte ich letztes Semester mit einem Studierenden, der die Absatzoptimierung des Restaurants seiner Eltern mit Data Analytics optimiert hat. Also, ich bin jetzt seit einigen Jahren an der TH-Köln Professor und forsche und arbeite dort genau an der Schnittstelle zwischen Betriebswirtschaft und Data Analytics oder Data Science. Je nachdem, wie man das so nennen mag, und in der Rolle arbeite ich vor allen Dingen auch mit Unternehmen in der Region, also Köln, Düsseldorf, dem Rheinland, und arbeite dort an Fragestellungen: Wie kriege ich es eigentlich hin, dass Unternehmen mehr Wert aus Daten generieren können? Wie schaffen Sie jetzt, eine Datenkultur zu etablieren? Und nach innen gerichtet mache ich das mit meinen Studierenden natürlich auch. Also in der Lehre geht es die ganze Zeit um diese Future Skills, um diese Zukunftskompetenzen, die ich heute haben muss: Data Literacy oder Datenkompetenz, denn Daten sind heute einfach überall und sie entstehen überall und ich möchte vermitteln: Wie kriege ich das eigentlich hin, mit einem Unternehmen bessere betriebswirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, wenn ich eine vernünftige Datenanalytik nutze? #00:05:25-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Das ist ganz spannend, weil du jetzt, wir, wir sprechen über Daten, aber lassen uns da ganz kurz ansetzen, über was für Daten sprechen wir denn? #00:05:33-7#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Frage ist spannend, weil eigentlich geht es in diesen ganzen Themen nie um Daten, zumindest nicht in erster Linie, geht es gar nicht um die Daten. Also wenn wir über Daten sprechen, dann gibt es immer ganz unterschiedliche Daten, also manchmal Kundendaten, Produktdaten, Metadaten, Geodaten, Bilddaten, Videodaten, also all das sind ja Datentypen, die heute überall gesammelt werden. Aber es geht eigentlich nie um die Daten. Also viel wichtiger ist eigentlich so diese Vermittlung von Kompetenz. Also ich brauche Leute, die wissen, was kann ich eigentlich mit Daten machen. Also wie kann ich eigentlich Daten analysieren, oder was bringt mir eigentlich moderne Algorithmen, immer mit einem Fokus auf eine konkrete wirtschaftliche Anwendung? Also wie kann ich eigentlich ein Geschäftsmodell besser machen, wie kann ich es effizienter machen, wenn ich vernünftige Datenanalytik betreibe? Und dann geht es vor allen Dingen immer darum, Hürden und Blockaden abzubauen, also die Leute mitzunehmen, zu sagen, das Unternehmen öffnet sich und sagt, ich beschäftige mich mit diesem Thema überhaupt und beantwortet die Frage: Was, was bringt eigentlich ein Geschäftsmodell nach vorne? Kann Analytik dabei helfen? Und dann zuletzt geht es um die Daten, die ich habe und die Methoden, die ich brauche, um eben mein Geschäftsmodell besser zu machen. #00:06:44-0#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Weil du das jetzt gerade schon so herausgestellt hast. Die Frage stellt sich natürlich: Was bringt mir das eigentlich so? Wie profitiere ich denn auch als Unternehmen davon, wenn ich mich um diese Daten und Datenanalytik ja vor allem kümmere? Die Frage möchte ich gerne an dich jetzt nochmal richten, Johannes, du bist ja auch heute unser Gast. Ich freue mich sehr, und du leitest, das dürfen wir sagen, an dieser Stelle ja ein ganz neues Team bei der Stadtsparkasse Düsseldorf, ein eigenes Data Analytics Team. Vielleicht kannst du uns noch mal die Frage beantworten: Warum profitieren denn Unternehmen von Data Analytics, oder warum ist das so wichtig? #00:07:18-9#

Dr. Johannes Gerlach: An der Stelle ist es glaube ich zentral, sich bewusst zu machen, warum machen wir das ganze? Und da möchte ich ein Stück weit das aufgreifen, was du gerade schon gesagt hat. Es geht nicht um die Datenanalytik an sich, sondern es geht um die übergeordneten Fragestellungen: Was sind eigentlich die unternehmerischen und die strategischen Herausforderungen, die wir haben und denen wir begegnen? Und an der Stelle ist es eben so, dass wir mit Verfahren moderner Datenanalytik die Möglichkeit haben, hier wertvolle Beiträge in den Entscheidungsprozessen zu leisten. So, diese übergeordnete Zielsetzung ist, glaube ich, immer wieder wichtig, sich bewusst zu machen, denn die moderne Datenanalytik im Unternehmen einzusetzen, darf nicht Selbstzweck sein und ist auch nicht das eigentliche Ziel, sondern das eigentliche Ziel ist, das Geschäftsmodell zu verbessern, effizienter und besser zu werden, unternehmerische Entscheidungen mitzumoderieren und dafür ist moderne Datenanalytik eben ein Instrumentarium und gar nicht das eigentliche Ziel an sich. #00:08:13-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Ja, das ist spannend, wenn ihr das so sagt. Jetzt frage ich mich dann aber, vielleicht kannst du uns da so ein bisschen mal auch aus dem Nähkästchen plaudern. Johannes, ich sage ja gerade, wir haben oder es gibt ein neues Team bei der Stadtsparkasse Düsseldorf Data Analytics, erzähl doch mal was über das Team. Wer ist das, wer sitzt da, wie viele Menschen sind das und warum hat die Stadtsparkasse Düsseldorf dieses Team? #00:08:34-5#

Dr. Johannes Gerlach: Also, wir haben das Team aufgebaut auf Basis unterschiedlicher Kompetenzfelder. Das sind auf der einen Seite natürlich Spezialisten, die sich mit Datenbanken, mit Datenstrukturen auskennen, die auch sehr starke Schnittstellen in die IT eben haben, diese Kenntnisse eben auch für, für Arbeit in den Datenbanken erforderlich ist und wir haben auf der anderen Seite eben auch Menschen im Team, die wirklich Data Science Methodiken beherrschen und dann eben die Arbeit mit den aufbereiteten und vorbereiteten Daten verstehen. Das ist interessant, weil man sich bewusst machen muss, dass dieses Team im Wesentlichen sich nicht dadurch auszeichnet, ein ausgeprägtes bankfachliches Know-how mitzubringen, sondern vielmehr ist es eben eine ausgeprägte Methodenkompetenz. Das ist das, was Tobias eben sagte. Es geht um Datenkompetenz, die Kompetenz, mit Daten zu arbeiten. Wir müssen das aber immer wieder zusammenbringen mit der Bankfachlichkeit, um eben auch an den zentralen unternehmerischen und strategischen Herausforderungen zu arbeiten und diese nicht aus dem Blick zu verlieren. Das heißt, wir haben eine stark methodisch geprägte Einheit aufgebaut, die wir dann über Schnittstellen im Unternehmen mit der Bankfachlichkeit, mit dem jeweiligen Fachbereich zusammenbringen, um an unseren realwirtschaftlichen Herausforderungen zu arbeiten. Warum machen wir das? Das hat verschiedene Zielrichtungen. Das hat einerseits die Zielrichtung, dass wir sagen, wir sehen viele unternehmerische Potenziale und möchten auch nach außen gerichtet, eben in den Aktivitäten innerhalb der Sparkassen Finanzgruppe, Entwicklungen im Data Analytics Umfeld mitentwickeln und mitgestalten, aber eben auch nach innen gerichtet, dass wir eigene unternehmerische Herausforderungen haben, die wir, wo wir überzeugt sind, dass wir hier Mehrwerte bieten können. Vielleicht macht es da an der Stelle einmal Sinn, zwei, drei Ebenen tiefer zu gehen. Was kann das beispielsweise sein? Welche konkreten Mehrwerte können wir über die Datenanalytik erreichen? Wir haben mittlerweile IT-technische Rahmenbedingungen, die es uns ermöglichen, Verfahren, die ist in der Statistik schon vor 30 oder 40 Jahren gegeben hat, heute auf viel größere Datenmengen anzuwenden. Und das sind die eigentlichen Neuerungen, die eigentlichen Potenziale, denn methodisch entwickelt sich das natürlich immer alles weiter. Aber vieles gab es auch schon vor 20 oder 30 Jahren. Aber wir hatten da eben, aufgrund begrenzter Rechenkapazitäten und Rechenleistung, nicht die Möglichkeit, diese riesigen Datenmengen zu analysieren und dann eben Muster, Strukturen oder Trends in den Daten zu erkennen, die uns heute eben ermöglichen, Informationen und Fakten aus der Datenbasis abzuleiten und diese in Entscheidungsfindungen zu berücksichtigen. #00:11:03-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Mhm, wenn du das jetzt so berichtest, stelle ich mir jetzt vor, von außen betrachtet beispielsweise, jemand hört diesen Podcast und denkt so: Okay, ist ja spannend, dass die Stadtsparkasse Düsseldorf das macht. Was hab ich denn davon? Habe ich als Kunde der Stadtsparkasse Düsseldorf auch was davon? #00:11:18-1#

Dr. Johannes Gerlach: Davon bin ich überzeugt. Vielleicht können wir auch hier mit einigen Beispielen ansetzen. Tobias hat es eben schon mal gesagt: Je nachdem, welche Daten wir verarbeiten, haben wir verschiedene Hebel, an denen wir selber besser werden möchten. Nehmen wir das eine Beispiel: Wenn wir die Möglichkeit haben, durch moderne Verfahren der Datenanalytik unsere Kundenbedürfnisse besser zu verstehen, haben wir dann wiederum die Möglichkeit, viel zielgerichteter, adressatengerechter und wichtiges Schlagwort hier ist die Personalisierung, eben unsere Produkte und Dienstleistungen auf unsere Kunden zuzuschneiden. Das wiederum wirkt meines Erachtens nach relativ unmittelbar auf die, auf die Zufriedenheit unserer Kunden. Ein anderes Thema ist auch hier wieder, wir haben die Möglichkeit, durch Datenanalytik an unserer eigenen Effizienz zu arbeiten. Wir haben Prozesse, wo wir durch moderne Verfahren Schwachstellen identifizieren können, an denen wir Engpässe identifizieren können, wir darauf hinwirken können, eigene, knappe Ressourcen und Ressourcen werden immer knapper, auch Personalressourcen beispielsweise, effizienter einzusetzen. Und wenn wir selber effizienter werden, ist das wiederum etwas, was auch positiv auf unsere Kunden niederschlägt, da wir schneller werden, da wir besser werden, da wir zielgerichteter arbeiten können, um nur einige Beispiele zu nennen. #00:12:29-2#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Mhm, lass uns doch trotzdem nochmal, Tobias, komm nochmal, bitte! Wir nehmen dich jetzt noch mal mit dazu, weil wir dürfen ja sagen, an der Stelle, da schließt sich auch ein bisschen der Kreis, dass du ja auch beim Aufbau dieses neuen Data Analytic Teams der Stadtsparkasse Düsseldorf unterstützt hast. Also daher kennt ihr beide euch auch und genau, vielleicht kannst du gleich nochmal was dazu sagen, aber was ich total wichtig finde, es wäre schön, wenn wir noch mal noch konkreter werden könnten, weil ich weiß auch Tobias von dir, dass du ja nicht nur die Stadtsparkasse Düsseldorf unterstützt hast, sondern auch schon vielen, vielen Kunden, vielen KMUs begleitet hast auf dem Weg in diese Thematik. Vielleicht kannst du einfach mit uns und zusammen mit Johannes noch mal so ein bisschen in so konkrete Praxisbeispiele gehen, dass das noch handfester macht, was heißt das eigentlich? #00:13:15-9#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Sehr gerne, also so ein riesiges Vorurteil ist ja immer bei Data Analytics: Es ist so für die Großkonzerne. Es machen die Googles, die Amazons und wie sie alle heißen und das stimmt nicht. Also ich kann auch als kleines Unternehmen, kann ich sehr schnell von Datenanalytik profitieren und das, was ich immer an der Zusammenarbeit mit KMUs mag, ist, die sind eben extrem flexibel und meistens haben die viel mehr Daten vorliegen, als sie das eigentlich wissen, zu Beginn eines Projekts oder zu Beginn einer einer Schulung oder eines Trainings. Das heißt, die stehen meistens so am Anfang und sagen: Dieses Thema Digitalisierung, Daten, so langsam glauben wir das geht nicht mehr weg und man sollte sich damit beschäftigen und wissen aber nicht so wirklich wie. Oft ist es so, ich treffe Unternehmer, die sagen: Ich habe wenig Daten, ich habe wenig Personal, die sich damit beschäftigen können. Wie fange ich denn jetzt eigentlich idealerweise an und da macht die Arbeit mit KMUs einfach extrem viel Spaß! Also paar Beispiele, wenn wir über KMUs reden, die sehr spezialisiert zum Beispiel Produkte fertigen, die auf Datenanalytik basieren. Viele Ingenieurstätigkeiten fallen darunter. Da kann man gar nicht so große Mehrwerte liefern, weil einfach diese Unternehmen ein sehr spezielles Know-how über Jahre oder Jahrzehnte aufgebaut haben. Aber sobald ich in betriebswirtschaftliche Fragen reingeht, so diese Klassiker: Marketing oder Johannes hat es gerade auch schon gesagt: Kundenanalyse. Wie bewegen sich eigentlich meine Kunden? Was ist denen wichtig? Worauf spreche ich die an? Welche Kundenbedürfnisse haben die? Wann nerve ich die eigentlich auch? Oder auch die ganz klassischen HR oder Prozessmanagement Themen, die sind in allen Unternehmen. Egal, ob das jetzt ein KMU oder ein Weltkonzern ist, haben alle dieselben Fragestellungen, also Kundenzentrierung, Customer centricity. Wie kriege ich eigentlich mit, was meine Kunden bewegt? Und das sind so diese ganz klassischen Beispiele, mit denen eigentlich Unternehmen anfangen, egal ob klein oder groß, wenn sie sich mit Datenanalytik beschäftigen, dreht es sich meistens um ein besseres Verständnis der Kunden. Man kann dort über entweder Cross-Selling oder Reduktion von Beschwerden nachdenken, oder einfach eine Kundenzufriedenheitssteigerung, wenn man einfach das passende Produkt zum passenden Zeitpunkt anbietet und den Kunden sonst aber auch nicht nervt. Und da spielt so eine Unternehmensgröße überhaupt keine Rolle. Und mit Johannes haben wir ja gesehen, die Sparkassen Finanzgruppe macht das schon seit etlichen Jahren, wo man hingeht und sagt: Wir versuchen, die Dienstleistungen und Produkte zielgerecht anzubieten. Und ich selbst habe jetzt gerade ein Projekt: Das ist ein 20-Mann-Unternehmen, macht eine Webseite und vertreibt Zubehörteile und überlegt sich: Wie kriege ich eigentlich 'ne Webseite, optimiert auf Basis von Datenanalytik? Oder du hattest auch gerade das Beispiel mit der Bäckerei. Also ganz konkret arbeiten wir in Köln gerade mit einem Hotel zusammen, was ich fragt: Wie viele Lebensmittel soll ich eigentlich für mein Catering, für meine Restaurants bestellen, um einfach, wie sag man, Verschwendung zu minimieren? Also, wie viele frische Lebensmittel muss ich bestellen? Kann ich prognostizieren, wie viele Kunden morgen Abend in meinem Restaurant sitzen und essen bestellen werden? Das sind so Beispiele, wo man sagt, das sind so die originären, klassischen betriebswirtschaftlichen Fragestellungen, die ich aber mit Bauchgefühl häufig noch beantworte und wenn ich Daten habe und wenn ich einen Zugang zu Daten habe, dann kann ich da eigentlich immer bessere Prognosen produzieren, als es so diese gesunden Bauchgefühle sind, egal wie groß das Unternehmen ist. #00:16:58-8#

Dr. Johannes Gerlach: Ja, da wollte ich noch eine Sache an der Stelle ergänzen, die ich zentral finde. Tobias, du hattest gesagt: Das sind nicht nur die großen, das sind auch die kleinen Unternehmen. Ein ganz wichtiger Punkt an der Stelle ist, es sind vor allem immer die gleichen Methodiken, die dahinter stehen, also egal, ob ich als Google mich mit Kundenbewegungen oder Kundenabwanderungen beschäftige oder als KMUler im Rheinland in Deutschland, die zentralen methodischen Ansatzpunkte dahinter sind immer die gleichen. Das heißt, ich habe die Möglichkeit, mit einem gewissen Methoden-Know-how im Unternehmen, das aufgebaut wird oder was auch vielleicht durch Partnerschaften eingebracht wird, zum Beispiel in Universitäten. Das ist ja genau auch ein wichtiges Modell oder ein gutes Modell. Habe ich die Möglichkeit, diese zentralen Fragestellungen trotzdem adressieren, ohne dass sich 40, 50, 60 oder mehrere 1.000 Data Scientists eben beschäftigen muss. #00:17:47-4#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Mhm, da habe ich direkt eine Frage, weil, bevor wir jetzt gleich auch noch mal auf die Methodik ein bisschen zu sprechen kommen, zwei Punkte noch, weil Tobias, du hast das auch gesagt, es geht ja auch um Vorhersagen, Prognosen. Wenn ich jetzt so an ein Thema denke, was uns alle umtreibt, Fachkräftemangel. Also, ich glaube, jeder HR-Bereich steht vor der großen Herausforderung: Wie schaffe ich das noch, mit immer weniger Menschen und älter werdenden Menschen, ja mein Unternehmen zu aufrechtzuerhalten, gerade da stelle ich mir das auch total wichtig vor. Hast oder auch ein Beispiel? #00:18:19-1#

Intro: Ganz viele! #00:18:19-8#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Ganz viele. #00:18:20-2#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Thema Fachkräftemangel kann ich auf unterschiedliche Weisen angehen. A Prozessverbesserung, das haben wir selbst einmal mit einer, mit einer Filialbank gemacht, wo wir einfach über Prozessdaten analysiert haben, wie viele Kunden kommen eigentlich, zu welcher Tageszeit, zu welchen Themen in den Filialen und da kann ich meinen Mitarbeitereinsatz einfach optimieren. Und ob das jetzt eine, Johannes sagte es gerade, ob das jetzt eine Bankfilialstruktur ist oder ob das in irgendeinem anderen Unternehmen ein Vertriebsnetz ist, in dem Vertriebsmitarbeiter arbeiten, das ist erst mal relativ egal. Das sind dieselben Methoden. Ich kann also über Prozessverbesserung nachdenken und was wir letztes Jahr auch an der TH-Köln gemacht haben, ist eine Analyse des gesamten Jobmarktes. Also, wo sind eigentlich die Unternehmen, die um neue Fachkräfte buhlen? Welche Branchen sind das? Gerade so in Johannes Richtung geschielt und die Sparkassen, die gucken sich die bankfachlichen Kräfte an und man kann sehr leicht analysieren, wenn man zum Beispiel in Jobportale, in Bewerberportale geht, welche anderen Branchen in der Region buhlen eigentlich genau um diese Leute? Wo wird eigentlich abgeworben? Wer sind eigentlich die Konkurrenten auf dem Arbeitsmarkt? Kann ich mir Daten generieren, kann ich mir angucken, kann ich mir visualisieren und dann geht es ins Recruiting rein. Und ein drittes Beispiel: Wenn die Leute einmal da sind, was sind eigentlich so typische Warn-Trigger, dass jemand vorhat zu kündigen? Oder wie sehen Mitarbeiter aus, die kündigen? Oder was bewegt Mitarbeiter dazu zu kündigen? Auch das kann ich mit Datenanalytik adressieren und vorhersagen: Habe ich dort bei einem Mitarbeiter oder bei einer bestimmten Mitarbeitergruppe Trigger, wo ich sage: Um die muss ich mich mal kümmern, da muss ich vielleicht mal nachhören und sagen, stört die, was? Sind die vielleicht auf dem Absprung, oder sind die eben nicht auf dem Absprung? #00:20:09-6#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Und das kann ich auch anhand von Daten? #00:20:12-5#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Ja! #00:20:12-5#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Gib uns mal ein Beispiel. Ich denke jetzt so gerade. Wie kann ich diese Unzufriedenheit denn feststellen? Da bin ich jetzt neugierig. #00:20:19-4#

Dr. Johannes Gerlach: Lass es uns ins positive drehen. Also, wenn wir uns mit Kundenzufriedenheit beschäftigen, dann können wir uns genauso auch mit Mitarbeiterzufriedenheit beschäftigen. So, und wenn wir auf der Kundenebene uns die Frage stellen: Was sind eigentlich die zentralen Trigger? Was sind die zentralen Merkmale? Was sind zentrale Stellschrauben, an denen ich drehen kann oder muss, um zufriedene Kunden zu erreichen oder Kunden, ja meine Kunden zufrieden zu stellen, um zielgerichtete Produkte, Dienstleistungen anzubieten, dann ist es aus der datenanalytischen Perspektive die gleiche Ansatzpunkt, sind die gleichen Ansatzpunkte, wie wenn es um die zufriedenen Mitarbeiter geht. Es ist nur eine veränderte Datenbasis dadrunter, natürlich an der Stelle. Natürlich kommen wir dann immer an datenschutzrechtlichen Fragestellung vorbei. Das tun wir aber so, das ist das tägliche Brot an der Stelle. Aber es ist methodisch gesehen genau der gleiche Ansatz. #00:21:04-9#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Auch da ein spannendes Insight: Wir haben letztes Jahr im Rheinland und Ruhrgebiet mehrere 100 Unternehmen befragt, genau zu diesem Thema. Was macht ihr eigentlich mit Data Analytics im HR-Bereich, und das war wirklich erschreckend zu sehen, wie wenig da im Moment läuft. Also, viele Excel-Tabellen werden zusammengeschoben, aber die allermeisten Unternehmen sind auch heute, in 2024, noch extrem weit davon weg, einen strukturierten Ansatz für Datenanalytik in den HR-Bereich reinzugehen, und dann geht's, Johannes sagte es gerade schon, Datenschutz-Thematik. Da geht es ja gar nicht darum, dass ich einen einzelnen Mitarbeiter erkenne und messe und triggere, das ist Gott sei Dank in Deutschland im regulierten Markt ist es, ist es nicht zulässig. Aber ich kann natürlich Strukturen erkennen. Was sind zufriedene Mitarbeiter? Was kennzeichnet die? Vielleicht kann ich auch Strukturen erkennen, was sind typischerweise unzufriedene Mitarbeiter? Und dann gehe ich eben auf einen gepolten Ansatz hin und versuche, Unzufriedenheitstrigger abzustellen in dem Unternehmen. #00:22:07-1#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Jetzt haben wir schon viele gute Gründe gehört, die dafür sprechen, vorhandene Daten auszuwerten und zu nutzen. Und bevor wir uns nun der Frage der Umsetzung zuwenden, noch eine kurze Unterbrechung in eigener Sache. Haben Sie ein Thema, dem wir mit Expert:innen aus unserem Netzwerk auf den Grund gehen sollten, dann schreiben Sie uns bitte unter digidus@sskduesseldorf.de und wenn Sie möchten, lassen Sie uns doch einen Kommentar und eine Bewertung zu DigiDUS bei ihrem Podcast Anbieter zurück. Ich würde mich darüber sehr freuen, und jetzt geht es weiter mit unseren Umsetzungstipps. #00:22:44-7#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Ich würde jetzt ganz gerne noch nochmal auf einen Punkt kommen, weil ich glaube, der wird auch gerade für unsere Zuhörer und Zuhörerinnen sehr wichtig sein. Wenn wir jetzt nochmal auf das Thema Daten und Datenanalyse zu sprechen kommen, stellt man sich doch die Frage, was braucht? Ihr habt viel über Methodenkompetenz gesprochen, können wir gleich auch noch was zu sagen. Aber ich stelle mir vielleicht auch als KMU jetzt die Frage: Was brauche ich eigentlich auch an Infrastruktur, vielleicht auch an Tools? #00:23:08-5#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Ja, also, solange wie es geht, machen sie es so einfach, wie es geht. Also, mit Excel kommt man heute schon einigermaßen weit. Aber da gibt es natürlich Grenzen. Gerade so Richtung Prognosemodelle und Strukturerkennung brauche ich Datenanalytische Tools. Aber da hat sich in den letzten Jahren sehr, sehr viel getan, also dass man 10.000 oder 100.000 € Lizenzkosten pro Jahr zahlt, das ist überhaupt nicht mehr der Fall. Es gibt zahlreiche gratis Open-Source-Tools und dann muss ich mich entscheiden: Habe ich jemanden, der Coden kann, also der Code-Zeilen schreiben kann, dann ist Python so das Maß aller Dinge, was ich gratis herunterladen kann. Oder habe ich eben Mitarbeiter, die nicht Coding affin sind? Dann nehme ich grafisch basierte Tools und mit denen mache ich ich sehr, sehr gute Erfahrungen. Da brauche ich ein, zwei Stunden, dann hat ein Erstanwender verstanden, wie das grob funktioniert und dann kann man in die einzelnen Methoden gehen und das sind aber Tools, die muss ich heute gar nicht mehr lizenzieren, sondern die kann ich runterladen, die kann ich nutzen und dann, wenn ich, wenn ich es größer skaliere, dann gibt es diese Lizenzschranke. Aber ich kann erst mal anfangen, und das ist das wichtige und dann gibt’s einen zweiten neben diesem gratis Tool, einen zweiten, ganz, ganz großen Stellhebel, der letztes Jahr dazugekommen ist, das ist nämlich Generative AI. Wir hören sehr viel, dass Unternehmen sich damit beschäftigen. Die bauen so interne ChatGPTs auf, interne Wissensagenten oder E-Mails werden automatisch beantwortet. Das sind die Use-Cases, die ich daran setze. Ich kann aber diese Gen-AI-Komponenten auch benutzen, um Daten analysieren zu lassen und das wird so der nächste große Trigger sein, der auf uns zukommt, dass wir nicht mehr einen Data Scientist haben, der Wochen und Monate lang einen Datensatz auswertet, sondern dass ihr mit einem Datensatz sprecht. Hier sind Daten, ich möchte bitte prognostizieren, XY, wird der Kunde etwas kaufen oder nicht? Und ich kriege eine automatisch erzeugte Analyse. Und dann sind wir wieder bei der Datenkompetenz, da muss ich verstehen, und bei der Methodenkompetenz, da muss ich verstehen können, ist das richtig, was da gerade erzeugt wird? Aber ich muss heute nicht mehr in 2024 nicht mehr 100 Code-Zahlen runtertippen, sondern da sind wir gerade an einem sehr, sehr großen Umbruch. #00:25:25-6#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Mhm, kann man sich vorstellen, mit dem, was vor allem auch im letzten Jahr über generative KI passiert ist und man muss sagen, dass es auch immer wieder ein Grund ist, warum KMUs sagen, das können wir auch nicht. Wir können jetzt nicht 100.000 von Lizenzgebühren zahlen, um direkt zu starten. Fahren wir noch mal zurück. Jemand sagt jetzt: Okay, ich möchte das, ich möchte ich Data Analytics, ich habe erkannt, das ist für mich ein wichtiges Thema. Ich bin mir auch sicher, ich habe Daten. Das mit den Tools kriegen wir auch hin. Wie starte ich denn jetzt? Was brauche ich denn? Was sind denn so erste Schritte? Wie fange ich denn an? Vielleicht an euch beide gerichtet? Gibt mal unseren KMUs da draußen, einfach Tipps! #00:26:00-8#

Dr. Johannes Gerlach: Zuallererst steht natürlich immer die Frage: Was sind eigentlich meine aktuellen Herausforderungen? Also wo sind die Schmerzpunkte in unserem täglichen Business, wo ich sage, da muss ich dran, da will ich dran? Das ist das, was wir eingangs hatten. Datenanalytik ist nicht Selbstzweck, wir machen das nicht, um sie einzusetzen als Ziel, sondern es ist immer die Frage: Was ist mein aktueller Schmerzpunkt? Wo habe ich unternehmerische Herausforderungen? Und dann kann ich ansetzen und überlegen, welche Potenziale sehe ich hier? Daten getrieben eben Erkenntnisse zu gewinnen, um im Umgang mit diesen Herausforderungen eben gute Empfehlungen aussprechen zu können oder Lösungen bieten zu können. Das ist immer der Einstieg so, und wenn wir diesen Ansatzpunkt gemacht haben, dann muss ich mir natürlich die Frage stellen: Kann ich das jetzt alles selber? Wir hatten gerade gesagt, Tool habe ich, habe ich nicht, oder habe ich vielleicht auch andere Unternehmen, die ähnliche Fragestellungen haben, mit den man sich auch auf 'ner Kooperationsebene zusammentun kann? Das ist ja auch ein interessanter Punkt. Das ist dann natürlich auch eine Frage der Branche, in der ich unterwegs bin. Bin ich, wo habe ich Wettbewerber oder wo habe ich potenzielle Kooperationspartner? Die Sparkassen-Finanzgruppe funktioniert da glücklicherweise, also dass auch sehr viel im Verbund passiert. Also für uns ist auch das Thema Kollaboration ein großes. Das ist natürlich nicht übertragbar auf jeden Mittelständler, auf den einen oder anderen vielleicht aber schon und ansonsten ist ja auch immer die Frage, welche anderen regionalen Partner, Stichwort beispielsweise Universitäten, gibt es, mit denen ich auch Forschungsprojekte gemeinsam angehen kann? #00:27:32-1#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Aber jetzt Tobias auch noch mal an dich, was brauche ich denn für Menschen? Mach es mal konkret, wen brauche ich denn? Wie viele brauche ich? #00:27:38-5#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Es kommt darauf an. Idealerweise, wenn ich, also wenn ich ganz am Anfang stehe, wenn ich ganz am Anfang stehe und sage: Ich möchte mich diesem Thema nähern und ich bin ein KMU, dann reichen ein, zwei Motivierte, denen ich quasi Raum gebe, die ich arbeiten lasse. Das wichtige ist aber, da möchte ich mich gerne Johannes anschließen. Das Wichtige ist, ich muss wegkommen von dem, was ich typischerweise erlebe. Also wie fangen Unternehmen, die das noch nicht gemacht haben, wie fangen die an? Da gibt es eigentlich immer zwei Ansätze. Es gibt jemanden, der spricht von hier sind total viele Daten, macht mal was draus, der Ansatz ist quatsch und der zweite Ansatz ist der, den man häufiger von Unternehmensberatern hört, die dann davon sprechen, ich mache, vor ein paar Jahren waren es neuronale Netze, jetzt die letzten zwei Jahre Reinforcement Learning, Deep Learning, Algorithmen oder jetzt eben generative AI-Algorithmen verkaufen, und auch dieser Ansatz ist nicht unbedingt zielführend, sondern wenn ich das machen möchte als KMU, dann ist so meine Erkenntnis aus den ganzen letzten Jahren genauso, wie Johannes es gerade sagte, ich muss mit dem Geschäftsmodell anfangen. Ich muss wissen, wie funktioniert das? Was sind die Erfolgstreiber und wo läuft es nicht rund? Und dann muss ich auch nicht stundenlang analysieren, sondern ein guter Geschäftsführer oder ein guter Prokurist weiß das. In einem zweiten Schritt muss ich mir überlegen, hat dieses KMU jetzt eigentlich schon den einen oder anderen Datenanalytiker im Haus, und wenn ja, wo stehen die eigentlich? Und wissen die, was die Erfolgstreiber des Geschäftsmodells sind, und wissen die auch, was den Geschäftsführer oder die Vertriebler hindert, mehr Geschäft zu machen oder wo die in den Prozessen nicht weiterkommen? Das heißt, das A und O ist erstmal, diese Knackpunkte im Geschäftsmodell herauszufinden und zu erfahren. Gibt es Datenanalytiker und ist denen das bewusst und können diese, und das ist ein Stück weit ein Vorurteil, können diese Datenanalytiker, die vielleicht Mathe, Physik, Informatik oder sonst was studiert haben, können die, ihren Mehrwert, ihre Ideen bei einem oft vertrieblich geprägten Geschäftsführer oder Vertriebsvorstand oder Prokuristen können, die da punkten? Können die das platzieren? Können die das kommunizieren? Und das ist so das A und O, um überhaupt loslegen zu können. Und dann kommt die eigentliche Analyse. Sind die Tools da? Ist das Know-how da? Sind die Daten da? Muss ich noch in die Kommunikation investieren? Meiner Geschäftsführer, in die Kommunikation meiner ITler oder Data Scientists und können die quasi Use Cases überhaupt eigenständig umsetzen? Oder ich muss analysieren, wie kann ich eigentlich die Lücken, die man gefunden hat, wie kann man die schließen? Das ist so eigentlich so das Erfolgsrezept, wie ich es vernünftig machen kann. Und ich sag’ mal an die KMU-Geschäftsführer da draußen, bitte nicht anfangen und sagen: Wir haben total viele Daten, macht mal was damit. Und nicht auf Partner hören, die sagen, wir machen den neuesten Algorithmus. Auch das ist Quatsch, sondern Geschäftsmodell kennt jeder Geschäftsführer, dann die passenden Leute im Unternehmen finden und die zusammenbringen und gucken. Gibt es da Probleme, dass die Mehrwert aus Datenanalytik produzieren können, und wenn ja, die anpacken, diese Probleme? #00:30:54-5#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Mhm, vielleicht Johannes noch ganz kurz, weil du das eben auch öfter erwähnt hast. Du sprichst ja auch immer über Methodenkompetenz. Was sind das für Methoden? Kannst du uns da noch einen kleinen Einblick geben? Also, wenn ich jetzt daran denke, ich habe diese Menschen gefunden in meinem Unternehmen, die sich zentral um dieses Thema kümmern wollen, möchten, was für Methoden brauchen die für einen Methodenkoffer und wo kriegen die denn her? #00:31:16-1#

Dr. Johannes Gerlach: Das sind natürlich hauptsächlich statistisch mathematische Methoden-Sets, die in der Anwendung dann eben stattfinden. Die Frage, wie viel und wie intensiv ich die brauche, ist aber natürlich zentral dann davon abhängig, wie ich mich selber aufstelle. Das geht dann eben bei dem Tool los. Habe ich Codingaffine Mitarbeitende, die wirklich in der Tiefe diese Methodenkompetenz mitbringen? Oder reicht es, wenn ich grafische Tools benutze, wenn ein gewisses, ich sag’ mal, etwas mehr als ein Grundverständnis über die statistischen mathematischen Verfahren da ist, dass ich inhaltlich mit den Ergebnissen arbeiten kann, dass ich den strategischen Blick auf die Daten habe, oder habe ich eben vielleicht gar keine Kompetenz an dieser Stelle? Dann gehe ich eben in Partnerschaftsmodelle, zum Beispiel mit lokalen Universitäten oder auch nicht lokalen Universitäten, mit denen ich hier zusammenarbeite. Wo kriege ich diese Methodenkompetenz her? Tatsächlich ist es auch hier so. Jetzt sind wir so ein bisschen auf der Schiene von Weiterbildung, mitarbeitenden Qualifikation. Auch hier ist ganz viel Open Source tatsächlich verfügbar. Das ist Wissen, was über Jahrzehnte hinweg aufgebaut worden ist, und tatsächlich auch, das hatten wir eingangs schon mal, in der breiten Masse auch stabil ist. Das sind oft 30, 40 Jahre alte Verfahren, Modelle, die, die immer noch Anwendung finden. Was sich eben verändert hat, ist die infrastrukturelle Rahmenbedingung und deswegen sind diese Instrumente oder diese Modelle noch mächtiger geworden worden. Aber es ist nicht, nicht so, dass da jetzt sich jedes Jahr neue neue Algorithmen entwickelt werden, die x-fach besser sind als welche von vor 20 Jahren, das ist gar nicht der Fall. Also auch hier wiederum, es gibt ganz viel Open Source verfügbar, was dann eben auch an Wissen konsumiert und aufgebaut werden kann. Jeder, der ein betriebswirtschaftliches Grundstudium auch gemacht hat, ist in diesen Themenfeldern auch mindestens vorbeigekommen. Wie intensiv man sich dann damit befasst hat, ist natürlich eine andere Fragestellung, hat dann was mit Neigungen, mit Interessen zu tun, aber es ist Bestandteil jedes betriebswirtschaftlichen Studiums. #00:33:17-5#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Es ist doch zugänglicher, teilweise niederschwelliger, als man denkt, so wie ihr das jetzt gerade beschreibt. Das finde ich ganz wichtig und auch unglaublich spannend. Vielleicht noch mal ganz kurz, weil wir schon zum Abschluss wieder unserer Folge kommen. Es geht ja immer so schnell, und aber ich verspreche euch, ihr bekommt zum Abschluss keine Rechenaufgabe mehr von mir. Die Frage: Glaubt ihr, dass Unternehmen dieses Thema Data Analytics alleine stemmen können, oder sagt ihr, macht es doch Sinn, sich da eher Hilfe zu suchen, wenn jetzt die Idee da ist, da müssen wir unbedingt auch was tun. #00:33:51-7#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Also ich würde sagen, wenn man also, wenn man wirklich komplett am Anfang steht, dann kann den externen Anschub wirklich hilfreich sein. Aber du hast ja gefragt, können die das alleine stemmen? Und ich würde, ich würde es ein bisschen umformulieren. Also das alles Entscheidende ist, das Unternehmen muss es alleine stemmen wollen. Ich brauch eine Bereitschaft in der Geschäftsführung, dass die sagen, wir packen das jetzt an, und wenn ich das habe, dann dann sind eigentlich drei Dinge entscheidend. Die Unternehmen müssen wissen, dass sie einige interne, vielleicht auch weniger ein, zwei Mitarbeiter haben, die sich damit auskennen oder die sich zumindest einarbeiten wollen. Ich brauche also affine Mitarbeiter dafür, und die müssen die Zeit dafür kriegen. Ich spreche mit Unternehmen, die bauen dann so virtuelle Teams auf, Leute, die sich eben nicht exklusiv damit beschäftigen und die erzählen dann in den Gesprächen, ich mache mein Tagesjob fertig und dann ab Freitag ab 15 Uhr habe ich Zeit, mich um die Datenstrategie des Unternehmens zu kümmern. Das geht, meistens ist das so semi erfolgreich. Also ich muss denen die Zeit dafür geben und wenn die das dann machen, dann muss das Management hinter diesen Leuten stehen, das muss es priorisieren und vor allen Dingen, wenn diese Themen ans Fliegen kommen, ist es so absolut entscheidend, dass das Management dahintersteht und diesen Leuten oder Data Analytics, Data Science den Rücken stärkt. Wenn, weil das ist extrem, also in meiner Erfahrung extrem leicht, aus Daten Mehrwerte zu produzieren und die Schwierigkeit ist dann eher über die Zeit, denn wenn ich Mehrwerte produzieren, dann gibt es meistens in meiner Erfahrung in den meisten Unternehmen zwei Gruppen. Es gibt die Vorreitermitarbeiter, die das super gut finden, die manchmal sehr schnell völlig überzogene Erwartungen produzieren und da muss man überlegen, wie manage ich das, wie mache ich ein Erwartungsmanagement? Und dann habe ich eine zweite große Gruppe im Unternehmen, die, ich sage mal, ich nenne sie so, die Verhinderer, die haben Angst um ihren Job, die KI, die Algorithmen, die ersetzen meinen Arbeitsplatz, oder der Algorithmus sagt mir, wie ich arbeiten soll. Das ist im Wesentlichen auch Quatsch, da geht es um Ängste, da geht es um Change Management. Da sind aber vor allen Dingen Mitarbeiter, die können Analyticsergebnisse torpedieren und auch da muss ich mit umgehen können, wie ich dort quasi Analytik über einen längeren Zeitraum in dem Unternehmen gut bespiele. #00:36:15-0#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Da sieht man auch wieder, wie wichtig Kommunikation ist im Unternehmen, wie man damit umgeht, wie man es kommuniziert. Meine letzte Frage. Leider ist es schon die letzte Frage, aber an euch beide noch mal gerichtet. Vielleicht kann du gleich Johannes starten, wenn ich jetzt die Bereitschaft habe und die Management Attention ist genau da und ich brauche trotzdem Partner, ich suche Partner. Was würdet ihr empfehlen? Wo finde ich die? #00:36:37-7#

Dr. Johannes Gerlach: Einmal möglicherweise bei uns, ansonsten ist es häufig zum Start ist es wieder, es lässt sich schwierig pauschal beantworten, weil es immer vom Unternehmen abhängt. Wenn ich jetzt in der Perspektive eines KMUlers bin, dann stellt sich natürlich häufig die Frage, wie bin ich eigentlich regional verwurzelt, oder bin ich regional verwurzelt und habe hier Anknüpfungspunkte für Zusammenarbeitsmodelle? Das kann eine Variante sein. Die andere Variante ist natürlich auch an dieser Stelle, immer wieder sind wir schon oft daran vorbeigekommen, die zentrale Verwurzelung auch der Zusammenarbeit, auch eben mit Universitäten, mit Forschungseinrichtungen. Es gibt viele Lehrstühle, Tobias ist einer davon, als Verantwortlicher, die sich eben genau auch in diesem Themenfeld damit einbringen. Das andere ist, das ist eine spannende Perspektive, die uns auch beschäftigt natürlich, die Fragestellung, welche Rolle können eigentlich perspektivisch auch Kreditinstitute in der Begleitung ihrer eigenen Kunden einnehmen, auch hier unterstützend mitwirken zu können, wie auch immer das dann aussieht. Aber es ist schon natürlich so, dass gerade im Bereich der Betreuung von Unternehmens- oder von Firmenkunden ja auch immer um strategische unternehmerische Herausforderungen geht und wenn an dieser Stelle wir eben lernen, dass perspektivisch auch datengetriebene Erkenntnisse immer wichtiger werden, auch um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten, um Wettbewerbsvorteile aufzubauen oder eben nicht zu verlieren. Je nachdem, wo ich gerade vielleicht auch stehe im Wettbewerb, stellt sich auch die Frage, inwiefern macht es vielleicht auch hier Sinn zu überlegen, kann nicht auch meine Hausbank mich unterstützen, auch in diesen Fragestellungen eben dann zusammen eben ans Ziel zu kommen oder besser zu werden oder überhaupt einzusteigen. #00:38:17-5#

Prof. Dr. Tobias Schlüter: Der Johannes ist gerade sehr zögerlich angefangen und ich möchte, ich möchte einen anderen Punkt setzen. Die Frage war ja, wie finde ich eigentlich den richtigen Partner und so als TH-Köln Vertreter jetzt hier gerade, naja, klar, sucht den Kontakt zur regionalen Hochschule, macht das, weil wir, wir sind ja auch zusammengekommen, ganz tolles Beispiel: Also, ich hatte einen sehr, sehr guten Studierenden bei mir in meinen Vorlesungen. Der hat, ist einmal durch durch diese ganze Data Analytics, Data Science Schule und er ist quasi aus der Vorlesung vom Johannes rausgezogen worden und hat in der Stadtsparkasse Düsseldorf das Traineeprogramm bekommen. Und jetzt kooperieren wir eben weiter und schreiben eine ganz tolle Masterthesis zu einer erstmal sehr brandaktuellen Thematik, die die Sparkassen-Finanzgruppe gerade herumtreibt, im Kontext Data Analytics, Datenanalyse, und das ist eigentlich so ein Bilderbuch Beispiel, wie man als Unternehmen sich junge, gut ausgebildete neue Fachkräfte in diesen Themen a) rekrutiert und kleine, ich sag mal, Proof of Concepts oder erste Schritte in Datenanalytik sehr, sehr schlank auch einfach aufsetzen kann, indem man eben diesen Kontakt zu den regionalen Hochschulen sucht. #00:39:31-2#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Ich kann es mir bildlich vorstellen, wie der Johannes jemand aus deinem Hörsaal rausgezogen hat. Nein, aber ich glaube, das zeigt also, was ich finde, was es zeigt, und daher an dieser Stelle an euch beide vielen, vielen Dank, dass ihr euch heute Morgen die Zeit genommen habt, auf diese vielen Fragen einzugehen. Ich finde, es hat sich extrem gezeigt, dass wir hier nicht nur über ein trockenes, ich darf das sagen, IT-Nerd-Thema sprechen, sondern dass es um so viel mehr geht und vor allem, mit Blick auf die KMUs, ein ganz wesentlicher Bestandteil moderner Geschäftsstrategie und Wettbewerbsfähigkeit und das ist ein Thema, das ja, wo kein Weg dran vorbeiführen darf und sollte. Von daher vielen, vielen Dank an euch beide und ich denke mir bei dem, was auch gerade so passiert, auch an Entwicklungen und vor allem auch mit Blick auf generative KI. Ich finde, wir dürften nochmal sprechen, oder? Ich lade euch nochmal ein und wir gucken, was es an weiteren Entwicklungen und tollen Beispielen gibt, aus dem Bereich Data Analytics, vielen Dank! #00:40:31-2#

Dr. Johannes Gerlach: Vielen Dank, sehr gerne und gerne wieder. #00:40:33-0#

Jeannine Malcharek-Wirtz: Vielen Dank, Prof. Dr. Tobias Schlüter und Dr. Johannes Gerlach. Sie beide haben uns heute gezeigt, dass Datenanalyse nicht nur ein trockenes Thema für IT-Nerds ist, sondern ein wesentlicher Bestandteil moderner Geschäftsstrategien. Ich hoffe, Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, fanden diese Folge so aufschlussreich und spannend wie ich und können einige der Anregungen und Tipps in ihrem eigenen beruflichen Umfeld anwenden. Vergessen Sie nicht, uns zu abonnieren, um keine zukünftige Episode zu verpassen. Wir freuen uns darauf, Sie auch beim nächsten Mal wieder bei #DigiDUS begrüßen zu dürfen. Also bleiben Sie neugierig und bleiben Sie informiert. Sie wissen, sie finden alle bisherigen Folgen auf der Website der Stadtsparkasse Düsseldorf zum Nachhören oder bei dem Streaming Anbieter ihrer Wahl. Bis dahin machen Sie es gut! #00:41:19-3#

Outro: #DigiDUS Digitalisierungstrends und Herausforderungen im Mittelstand, ein Podcast der Stadtsparkasse Düsseldorf. #00:41:28-9#

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